Mittwoch, 20. November 2019

Mit Ei aus Mungbohne zur zündenden Geschäftsidee

Ein Muss bei jedem Besuch in SFO: Die Delegation vor der berühmten Golden-Gate-Bridge
Good morning Schleswig-Holstein. Die Sonne über dem Silicon-Valley ist um 17 Uhr im Pazifik versunken - in Schleswig-Holstein geht sie gerade auf. Und auch der zweite Tag unserer Delegationsreise war spannend, anregend, faszinierend und vielseitig. Heute sind wir bereits um 7.15 Uhr in San Jose´gestartet. Vom Highway 280 aus in Richtung Norden quer durch die Berge war deutlich zu sehen, wie dürr und ausgetrocknet die Region ist - eine achtlos weggeworfene Zigarettenkippe könnte die Weiden in ein Flammenmeer verwandeln. Trotz der vermeintlich schnelleren Route erreichten wir erst um 10 Uhr unser "Northern-German-Innovation-Office" (NGIO). Und man fragt sich angesicht der Staus auf den Highways: Wie viele Terrastunden bei Stop-and-go verbrennen die Pendler wohl in diesem Land, "where time is money"?

Stop-and-go - der Alltag von Millionen Berufspendlern rund um San Francisco


Tim-Ole Jöhnk, gebürtiger Kieler und seit Eröffnung des NGIO im Juli 2018 dessen Leiter schildert der Delegation seinen Werdegang - unter anderem als Kommunikationsexperte und Sänger in einer A-capella-Gruppe, die weltweit unterwegs war. Selbst einst Gründer verschlug es Jöhnk schließlich ins Silicon Valley zum weltgrößten Unternehmens-Acelerator "Plug and Play", bevor er vor über einem Jahr ins NGIO wechselte.

Das NGIO tragen hauptsächlich das Schleswig-Holstein und Hamburg und seit Januar zu einem Teil auch Bremen und Kiel sowie die Firmen Dataport, die Mach AG, die Concepts GmbH und die Eurocon GmbH, für die Axel Schulz an der reise teilnimmt. Schulz ist auch Vorsitzender des Vereins "The Bay Areas e.V.". Unser NGIO unterstützt die Kontaktanbahnung von Unternehmen und StartUps ins Silicon Valley. Frei nach dem Motto "the Nine-Most-Terryfying-Words in English Language", erklärt uns Jöhnk die Welt im Silicon Valley mit einer Aussage des früheren US-Präsidenten Ronald Reagan: "I'm from the Government and I'm here to help". Unsere sehr interessierte und diskussionsfreudige Delegation stieg bei den verschiedenen Aufgabengebieten in den Gedankenaustausch ein. Zum Beispiel zur Frage: Wie kann das NGIO noch intensiver genutzt werden? Wie gelingt es, das NGIO optimal einzusetzen und wäre es sinnvoll, auch Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern als Partner zu gewinnen?

Nächster Stop: JUST - eine Gründung aus dem Jahr 2011 mit folgender Historie: der Gründer und heutige CEO Josh Tetrick wuchs mit seinem Bruder in Alabama auf. Seine Mutter war Friseurin und zog ihre Kinder mit ihrem bescheidenen Einkommen auf. Frisches Essen gab es selten - eher war Fastfood die regel. Das wollte Josh ändern und kam auf die Idee, die Produktion von Eiern mit pflanzlichen Proteinen zu schaffen. Er stieß auf die Mungbohne als besonders proteinhaltige Bohnenart und entwickelte eine Rezeptur, die in ihrer Zusammensetzung einem Ei extrem nahe kommt. Ökologischer Nebeneffekt: Die Bohne benötigt viel weniger Wasser bei ihrer Aufzucht als die haltung von Hühnern. Josh warb 220 Millionen Dollar Funding ein. Und heute steht in einer wachsenden Zahl von US-Lebensmittelgeschäften "JUST Egg" für 7,99 Dollar in den Regalen. Ehrgeiziges Ziel von Josh und seinem Team ist es, den Preis möglichst zu halbieren und auf das Preisniveau von Eiern zu bringen. Übrigens: JUST bot und auch Pistazieneis, das mit dem Protein der Mungbohne hergestellt wurde. Last not least befasst sich JUST mit der gewinnung von Fleisch aus der Zucht von Stammzellen. Noch fallen für ein Nugget Hühnerfleisch 50 Euro Kosten an. Tendenz fallend.

Natürlich ließ es sich Minister Buchholz nicht nehmen, zusammen mit Josh ein JUST-Egg in die Pfanne zu hauen.
    
Mittagspause dann an der Golden-Gate-Bridge, bevor uns unser letzter Programmpunkt - wie passend - zur Firma "Day Two" nach Oakland führte. Tread Childs erläuterte uns dort unter anderem eine App der Firma, die insbesonderen Menschen, die an Diabetes II erkrankt sind, das Leben erleichtern soll. "Day Two" hat – basierend auf Erkenntnissen des Weizmann-Instituts in Israel – ein Verfahren entwickelt, wie wir unsere Essgewohnheiten so verändern können, dass wir unseren Zuckerspiegel möglichst stabil halten. Dazu wird ein Test unseres Mikrobioms, also die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die wir in uns tragen, durchgeführt.
Tread Childs mit Buchholz

Die Erkenntnisse aus dem Test werden mithilfe eines Algorithmus ausgewertet und auf einer App angezeigt, die uns ohne weitere Tests quasi vorhersagt, welche Lebensmittel unseren Zuckerspiegel möglichst stabil auf einem gesunden Niveau halten. Dabei will die App dabei helfen, dass Diabetiker nicht auf Lebensmittel verzichten müssen, sondern aufzeigen, in welcher Kombination bestimmte Lebensmittel individualisiert auf unseren Körper uns den Genuss von (fast allen) Lebensmitteln ermöglichen. Ein Beispiel war der Apfel, der als solcher für einen Diabetiker einen zu hohen Fruchtzuckergehalt haben kann, zusammen mit Walnüssen aber verträglich sein kann. Die Lebensqualität von Diabetikern soll mit dieser Technologie ebenso verbessert werden können wie die Gesundheit von Menschen mit Übergewicht. Ein Test-Kit von Day Two hätte 500 USD gekostet, viele der Teilnehmer der Reisedelegation hätten das Kit sofort gekauft. Auch dies ein Beispiel für die Umsetzung von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die wirtschaftliche Praxis. Das ist das Grundprinzip für den Erfolg des Silicon-Valley.

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