Die Delegation vor dem Strandkorb des "echten Nordens" im Generalkonsulat |
Über den berühmten Highway 101 ergißt sich eine nicht enden wollende Autoschlange auf vier Streifen gen San Francisco, und in der Gegenrichtung sieht es genauso aus. Wir brauchen für knapp 50 Meilen zwei Stunden! Der Leiter des North Germany Innovation Office, Tim-Ole Jöhnk, erläutert uns auf der Fahrt durch das Silicon Valley, was wir in der Kürze der Zeit aufnehmen können: wir fahren an den Städten vorbei, wo die weltbekannten Unternehmen sitzen: Sunnyvale mit Google und Plug and Play, weiter östlich Cupertino mit Apple, Palo Alto mit Tesla, Hewlett Packard, SAP, Stanford University mit seinem riesigen Campus. Der östliche Teil von Palo Alto ist wirtschaftlich deutlich schwächer aufgestellt als der westliche Stadtteil: den fehlenden Breitbandanschluss versuchen Amazon und Google mit Satellitenschüsseln zu ersetzen, und wer kann sich vorstellen, dass in einem zentralen Ort des Silicon Valley kein Breitbandanschluss besteht?
Stau auf dem Highway: Für 50 Meilen brauchen wir zwei Stunden Zeit |
Der steigende Meerespiegel macht Palo Alto auf der Bayseite zunehmend zu schaffen. ÖPNV ist nur in geringem Maße vorhanden. Es gibt Bahnverbindungen nach San Francisco, die zwischen 40 Minuten und 2,5 Stunden von San José dauern, das Bay Area Rapid Train BART-System ist veraltet. Google bietet daher eigene Busverbindungen an, die die Mitarbeiter in die Firmenzentrale fahren. Die Einstiegsgehälter liegen bei gut bezahlten Jobs bei etwa 150.000 Euro, was angesichts der exorbitant hohen Miet- und Kaufpreise für Immobilien nicht reicht, um Eigentum zu erwerben. Menschen, die über ein geringeres Einkommen verfügen, pendeln nach San Francisco herein und stehen dafür teilweise schon nachts um drei Uhr auf.
Wir kommen fast pünktlich beim deutschen Generalkonsulat an. Der stellvertretende Generalkonsul Patrick Heinz empfängt uns in dem wunderbar, von den Schweden erbauten Generalkonsulat. Aus dem Büro des GK haben wir einen Blick auf den Bay und die frühere Gefängnisinsel Alcatraz. Mit Patrick Heinz entspannt sich ein sehr offener Austausch über San Francisco und das Silicon Valley. Wir sind im „land oft he free“, die Erwartung der Bürger an staatliches Handeln und staatliche Infrastruktur, Bildung, Sicherheit (ca. 120 Waffen auf 100 Einwohner) und Krankenversorgung ist nicht hoch. Durch die restriktivere Einwanderungspolitik der Trump-Administration beobachtet das GK eine sinkende Zuwanderung und eine steigende Abwanderung - etwa in den Schulen. Auch die Anträge der Wiedereinbürgerung von Familien, die in der NS-Zeit in Deutschland ausgebürgert wurden, steigt.
Blick aus dem Generalkonsulat auf die legendäre Gefängnisinsel Alcatraz |
Wir verabschieden uns vom stellvertretenden Generalkonsul
mit einem Foto vor dem Strandkorb des echten Nordens, der im Garten des GK
steht.
In unserer Mittagspause kaufen wir – die meisten erstmals –
bei Amazon Go ein: mit der App kommen wir in das Geschäft, das ohne Kasse und
Personal geführt wird. Kameras und Sensoren registrieren, dass ich mir ein
Avocado-Sandwich und einen Smoothie kaufe, der Betrag wird von meiner
Kreditkarte abgebucht, als ich das Geschäft verlasse, wenige Minuten später
habe ich eine Abrechnung auf meinem Account. Das hat mich beeindruckt!
Wir nutzen die Mittagspause für eine Vorstellungsrunde in
den Büroräumen des German Hub, wo auch das NGIO mit Tim-Ole Jöhnk seinen Sitz
hat, bevor Dr. Joospeh Pratt, CEO von Golden Gate Zero Emission Marine, der von
Frau Dr. Renata Kiefer und James Bridgeman, Mitglieder des San Francisco Kiel
Sister City Committee SFKCC begleitet wird, uns über die Entwicklung einer mit
Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellenfähre berichtet. Sein Ziel ist es, eine
Null-Emissions-Fähre im Frühjahr 2020 vom Stapel laufen zu lassen, und der
Baufortschritt ist offensichtlich weit gediehen. Der Staat Kalifornien hat drei Millionen US-Dollar Fördermittel für die Fähre zur Verfügung gestellt, das noch nicht
fertiggestellte Schiff sei bereits verkauft.
Woher der Wasserstoff stamme, wollen wir wissen. Der wird aus Gas
und/oder Öl hergestellt. Ja, es sei richtig, dass man nur von Fährbetrieb als
solchen als ein Null-Emissionen-Betrieb sprechen könne, die Gesamtbilanz sei
negativ. Aber wenn man nicht zeige, dass ein Schiff mit Wasserstoff angetrieben
werden könne, gäbe es keine Chance, das Thema alternative Antriebe
voranzutreiben. Der Minister lädt Dr. Pratt zu einem Besuch bei tkMS in Kiel
ein, um seine Erkenntnisse und Erfahrungen beim Einbau von Brennstoffzellen in
Schiffe mit tkMS zu teilen.
Jeder neue Siemens-Kunde wird mit einem feierlichen Gong-Schlag angekündigt |
Unsere dritte Station führt uns in die Katakomben von San
Francicso zu dem StartUp Evri.Al. Der CEO und Co-Gründer Saumil Nanavati
begeistert uns mit seinem Vortrag. Er lebt für sein Ziel, mobile Roboter zu
entwickeln, bei den man Lebensmittel kaufen kann. Rollende
Lebensmittelgeschäfte sozusagen, die z.B. in Parks, Einkaufscentern,
Sportplätzen, Flughäfen etc. zum Einsatz kommen können.
Primär geht es um den
Einsatz in Gebäuden, noch sind die Roboter nicht wetterfest. Langfristig will
Saumil die Daten der Kunden nutzen, um seine Idee weiterzuentwickeln und zu
perfektionieren. Er arbeitet mit seiner Co-Gründerin Vicky sieben Tage in der
Woche, ist geradezu besessen von der Idee, und wir lassen uns von dieser
Begeisterung, von diesem Willen, Neues zu schaffen und die Welt mit der
Innovation zu verbessern, mitreißen. Bei nüchterner Betrachtung darf allerdings
die Frage erlaubt sein, warum sich eigentlich niemand so recht um das
Verkehrproblem im Silicon Valley kümmert, das das tägliche Leben der Menschen
hier doch in viel stärkerem Maße beeinflußt als ein mobiler Roboter es in
absehbarer Zeit tun wird.
Buchholz mit CEO Daniel Schröder (rechts) und Florian Michahelles im Siemens Future-Lab |
Wir kehren schließlich noch in Berkeley ein und lassen den
Tag bei Fisch und einem Glas Wein Revue passieren, bevor es zurück nach San
José geht, wo alle hundemüde ins Bett fallen.
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